Freitag, 2. Mai 2014
Zwei Charakterköpfe: Gauck und Schröder
Zwei Männer schafften es dieser Tage in die Schlagzeilen: Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) und Bundespräsident Joachim Gauck. Beginnen wir zunächst mit dem Altkanzler, durch Deutschland geht ein Aufschrei, er lag sich mit seinem Freund Putin in den Armen, anlässlich seines Empfanges zu seinem 70. Geburtstag in St. Petersburg. Was ist daran so schlimm? Der Mann hat sich längst aus der aktiven Politik zurückgezogen und ist als Privatmensch dort aufgetreten. Wie verschiedenen Medien zu entnehmen ist, wurde auch das Thema Ukraine-Konflikt inklusive der Geiseln angesprochen von Schröder. Sollte man dies nicht sogar als Chance sehen? Schröder ist doch einer der wenigen, wenn nicht der einzige derzeit, der möglicherweise noch auf diplomatischem Wege die ganze Situation versuchen kann zu lösen. Linkspartei und Teile der SPD sind daher auch eher positiv statt negativ auf die ganze Sachlage eingegangen. Die CSU spielt sich als Mutter Teresa auf, vergisst aber gleichzeitig das reihenweise Leute aus den eigenen Reihen bei oben genannten Empfängen anwesend waren. Unter anderem Philipp Mißfelder (CDU), der von Januar bis März diesen Jahres Koordinator der transatlantischen Beziehungen war, eher ein Anhänger Gerhard Schröders. Zugegebenermaßen mutet es schon merkwürdig an, wenn bei dieser Sachlage reihenweise russische Oligarchen und Putintreue Arm in Arm mit deutschen Politikern bei Empfängen feiern, während im Osten der Ukraine die Geiseln um Ihre Freilassung kämpfen. Das beispielsweise Schalke-Boss Clemens Tönnies mit gesamtem Anhang zu Gazprom und Putin reisen will, darüber regt sich dann wieder keiner auf. Die Unverhältnismäßigkeit der Medien und von Teilen der Öffentlichkeit ist erschreckend.

Der andere Mann, der diese Woche positiv auffiel war Bundespräsident Joachim Gauck. Bei seiner Türkeireise sprach er die Demokratiedefizite klar und deutlich an und kritisierte diese berechtigterweise scharf. Die erheblichen Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit und die Verbote von sozialen Netzwerken sind ein Skandal für ein Land, dass sich als Demokratie bezeichnet und langfristig gesehen in die Europäische Union aufgenommen werden will. Dies hat Gauck klar und deutlich in Ankara vor Studenten der als links-liberal geltenden Universität betont. Und wurde daraufhin als „Pastor“ von Präsident Erdogan bezeichnet und das er sich so auch immer noch verhalte. Zudem solle er sich nicht in die „inneren Angelegenheiten des Landes einmischen“. Lenz Jacobsen schrieb am 29. April in seinem Kommentar bei ZEIT Online: „Was für eine wuchtige, kompromisslose Rede. Gauck muss geahnt haben, dass sie nicht ohne deutliches Echo bleiben würde, aber er hat es in Kauf genommen. Er wollte nicht in Hinterzimmern mahnen und verhandeln, wie es beispielsweise Kanzlerin Merkel in China bevorzugt. Er wollte den großen Aufschlag, den Pathos. Die Eskalation nimmt er in Kauf.“ Ich rechne das Joachim Gauck sehr hoch an. Zu solch einem Rundumschlag wäre Kanzlerin Merkel nie in der Lage gewesen. Der Bundespräsident begründet seine ungewöhnlich scharfe Kritik damit: „Ich habe mir erlaubt, das zu tun, was ich immer tue. Nämlich die kritischen Themen, die in einer Gesellschaft diskutiert werden, aufzunehmen. Das ist normal unter Freunden.“ Eine wahre Wohltat solche Worte, man wünschte sich diese öfter zu hören aus den Mündern unser aktuell regierenden Politikern. Aber der Mut fehlt leider oftmals. Joachim Gauck hat dem Amt des Bundespräsidenten wieder die Würde zurückgegeben, die Vorgänger Christan Wulff dem Amt entzogen hatte.

Diese beiden Männer, Gerhard Schröder und Joachim Gauck, verbindet eine Charaktereigenschaft: Mut. Diese Eigenschaft fehlt einem Großteil der politischen Kaste in der heutigen Zeit leider. Hat Merkel wirklichen Mut zu Reformen? Ist Gabriel wirklich in der Lage die Energiewende komplett umzuwälzen und neu aufzustellen, sodass diese nicht zu lasten der Bürgerinnen und Bürger geht? Die Antwort kann sich jeder selbst zusammenreimen. Schröder hatte beispielsweise den Mut wichtige Reformen durchzusetzen mit der Agenda 2010 gegen die Gewerkschaften und gegen innerparteiliche Widerstände. Heute finden laut ZDF Politbarometer vom 11. April 48% die Agenda 2010 richtig, nur 34% falsch. Vor zehn Jahren fanden nur 30% die Agendapolitk richtig und 64% diese falsch. Beide oben genannte Persönlichkeiten finde ich gut mit Ihren Stärken und Schwächen. Ich finde gut, dass sie Deutschland in der Welt repräsentieren! Wir brauchen mehr solcher Charakterköpfe.

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