Sonntag, 15. Juni 2014
Brasilien - Zwischen Crack und Karneval
Was für ein wundervolles Land. Zuckerhut, Copacabana, tolle Tänzerinnen, Karneval und der Amazonas. Ein unglaublich großes und vielfältiges Land, dieses Brasilien. Gerade zu ideal um dort die Fußballweltmeisterschaft 2014 auszurichten. Der „Stern“ vom 12. Juni titelt „Brasilien Fußball, Sex und Samba – das Land hinter dem Klischee“. Brasilien ist ein weltoffenes Land. Die Menschen sind herzlich, hilfsbereit und zuvorkommend. In diesem fußballverrücktem Staat, wo am Strand gekickt wird, Stars wie Ronaldo, Pelé oder Neymar herkommen gibt es Parallelwelten. Viele der gut 190 Millionen Einwohner Brasiliens leben in Armut. Korruption und Drogenhandel sind allgegenwärtig. Die Menschen gehen seit Monaten auf die Straße und demonstrieren gegen die hohen Ausgaben für die Fußball-WM. Das Geld solle lieber in Bildung und Infrastruktur gesteckt werden.

In der „Bild am Sonntag“ vom 01. Juni ist ein wunderbarer Artikel zur Lage des Landes erschienen. „BamS“-Reporter Reinhard Keck verbrachte eine Nacht in Rio de Janeiro. Dort wird beschrieben, dass sich nur 48% der Menschen richtig freuen auf die WM, 2008 waren es noch 79%. Die 20-Jährige Brasilianerin Sophia beschreibt: „Alles schaut auf die WM, aber die wahren sozialen Probleme werden völlig vergessen.“ In Rio im Maracanã-Stadion wird das Finale der WM stattfinden. Dort fährt Reporter Keck mit seinem Team in die Favelas Jacarezinho und Santa Marta. Eine erschreckende Schilderung. Jacarezinho wird nur „Crackland“ genannt. Millionen sind süchtig nach der Droge, es wird sogar schon von einer Epidemie geredet. Jugendliche sitzen verarmt am Straßenrand, Ihre Augen glitzern, die Crackkristalle knistern in den Bechern. Was ein Elend. Schießereien und Überfälle sind hier an der Tagesordnung. Keck beschreibt am Ende seiner nächtlichen Rundtour: „Viel Schönes habe ich in dieser Nacht nicht gesehen. Nun schaue ich zum Zuckerhut und sehe wieder diese Postkarten-Idylle. Was für ein Kontrast.“ Aber die Brasilianerinnen und Brasilianer sind auch Partyvolk, sie tanzen in den Clubs die Nacht lang durch, alle sind gut gelaunt, es wird probiert die sozialen Probleme „wegzutanzen“.

Was ist das für eine Regierung, die soviel Geld für die Stadien ausgibt, wie bei der WM 2006 in Deutschland und 2010 in Südafrika zusammen? Was ist die FIFA für ein Weltverband, der menschenunwürdige Zustände auf den Stadionbaustellen zulässt und billigend Todesfälle in Kauf nimmt, sowohl in Brasilien als auch in Katar? Die Gier hat Überhand genommen. Profite werden über Menschenleben gestellt, die hässliche Seite des Kapitalismus zeigt Ihre Fratze. Die Kernthemen werden außer Acht gelassen, Bildung ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Wirtschaft, geringe Arbeitslosigkeit und weniger soziale Spannungen. Das „Normalvolk“ kann sich teilweise keine Busfahrkarte mehr leisten und die Polizei geht massiv mit Wasserwerfern, Pfefferspray und Gummigeschossen gegen Demonstranten vor. Die WM muss als Chance gesehen werden, als Chance die Lebensverhältnisse der Menschen nachhaltig zu verbessern, als Signal im Kampf gegen die Kriminalität und die Korruption. Wachen Sie auf Frau Rousseff!!!

Auch der „Spiegel“ titelte am 12. Mai: „Tod und Spiele – Brasilien vor der Fußball-WM“. Auf Seite 74 heißt es „Eigentor Brasilien“. Es wird die Vetternwirtschaft beschrieben, die explodierenden Preise und die enorme Ungleichheit bei der Einkommensverteilung. Der „Spiegel“ stellt hier eine Grafik dar, die zeigt, dass die Masse, also 54% der Bevölkerung, ein Einkommen zwischen 320 und 1120 Real hat, umgerechnet zwischen 112 und 390€. Jens Glüsing beschreibt in seinem Artikel: „Das Nachsehen beim Wirtschaftsboom der Lula-Jahre hatte die Mittelschicht. Sie musste Abgaben zahlen, doch die Gegenleistung blieb aus: Schulen und Krankenhäuser verfallen, Privatautos verstopfen die Straßen in den Städten – es gibt zu wenig Busse und Bahnen. Zwei Drittel der Haushalte sind nicht an die Kanalisation angeschlossen.“ Hinzu kommen steigende Mieten wie in Rio, wo sie sich innerhalb von ein paar Jahren verdreifacht haben! In dem Land zwischen Regenwald und Zuckerhut läuft ohne Bestechungsgelder gar nichts.

So traurig dies alles sein mag, die Welt und Brasilien selbst muss vor allem begreifen, dass es so nicht weitergehen kann und darf. Reformen müssen her, die Wirtschaft darf nicht weiter stagnieren. Wir möchten alle eine friedliche WM, mit Toren, Tränen und Titeln. Mit toller Stimmung und vielfältigen Kulturen. Aber wir dürfen die sozialen Probleme des Landes nicht ins Hintertreffen geraten lassen, es muss zum Thema gemacht werden, auch und gerade von den deutschen Fußballgrößen wie Oliver Kahn, Franz Beckenbauer und Günter Netzer. Vielleicht wird die WM der Wendepunkt, ich gönne es den Menschen dort. Boa sorte Brasil!

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Sonntag, 1. Juni 2014
Europa hat nicht Rechts gewählt, Europa hat Protest gewählt
Die Europawahl 2014 ist geprägt von massiven Verschiebungen in dervParteienlandschaft. Marine Le Pen wird mit Ihrem Front National stärkste Kraft in Frankreich, in Griechenland gewinnt die linksradikale Syriza von Alexis Tsipras, in England gewinnt die UKIP von Nigel Farage, eine rechtspopulistische, europafeindliche Partei, und in Deutschland holt
die Alternative für Deutschland (AfD) sieben Prozent. Sind all die Wählerinnen und Wähler rechtsradikal? Die klare Antwort lautet: Nein. Die schlimmsten Ergebnisse kamen aus Frankreich und Ungarn. In Ungarn hat Viktor Orbáns rechtskonservative Fidesz die absolute Mehrheit mit gut 51% der Stimmen geholt, die absolut rechtsradikale Jobbik unglaubliche 14%. Dass ein Land wie Ungarn mit solch einer Führungselite Mitglied der Europäischen Union ist, ist kaum zu glauben. Massive Einschnitte bei der Pressefreiheit, Sinti und Roma werden durch das Land
gejagt, wo ist da die EU und zeigt klare Kante?

Kommen wir nun aber mal zur allgemeinen Lage nach der Europawahl zurück und blicken auf Deutschland. Gewinner der Wahl sind die SPD und die AfD.
Verlierer die CSU und die FDP. Soweit die Fakten. Während die SPD deutlich über sechs Prozent dank Ihres allgemein hoch angesehenen und insgesamt beliebteren Spitzenkandidaten auf 27,3% zulegen konnte, hat die AfD massiv bei den Unionsparteien Stimmen abgefischt. Gut 530.000 Wählerinnen und Wähler sind von der Union zur AfD gewechselt. Diese
Partei wird größtenteils nicht wegen ihrer Inhalte gewählt, sondern weil die Menschen die etablierten Parteien satt haben und unzufrieden sind,
somit aus reinem Protest und aus Prinzip AfD wählen. Bei ZEIT Online wurde beschrieben: „Nicht überall sind diese Kräfte vergleichsweise harmlos und so marginal, wie es die Alternative für Deutschland bei uns ist. In Großbritannien hat eine Partei gewonnen, die eben nicht nur aus der EU austreten will, sondern auch die Zumutungen der multikulturellen,
sexuell liberalen Gesellschaft loswerden möchte. Was man natürlich wollen kann, was der Wirklichkeit aber Gewalt antut.“ Ein sehr treffender Satz. Die AfD ist allerdings für mich auch keine liberale Partei.

Und die CSU? Die CSU hat ganz rechts geblinkt, möchte aber eine Partei der Mitte sein. Das ist aber gründlich in die Hose gegangen. Mit Parolen
wie „Wer betrügt, der fliegt!“ wollte man keine Wählerinnen und Wähler zur AfD verlieren. Die sagten sich aber, dann wähle ich doch lieber das Original, die AfD. Kanzlerin Merkel sagte kurz vor der Wahl: „Die EU ist keine Sozialunion.“. Aua. Denkbar schlechter Moment, auch das hat wieder einige Stimmen gekostet. Die Union hat mit David McAllister einen
durchaus smarten Spitzenkandidaten gehabt, allerdings plakatierte man zumeist Angela Merkel. Eine seltsame Art, „Wahlkampf“ zu führen. Die SPD
hat Martin Schulz plakatiert, allerdings - wie ich finde - auch mit einer unglücklichen Formulierung: „Damit ein Deutscher Kommissionspräsident wird.“ Eine heikle Angelegenheit, diese Wortwahl. Der einzig echte Aufreger in einem mal wieder absolut langweiligen
Wahlkampf war der Ausraster Steinmeiers auf dem Alexanderplatz. So etwas kommt gut an bei der Bevölkerung, da wurde mal nicht rumgesülzt, da
wurde Klartext geredet! Laut Statistiken und Daten der ARD ist Außenminister Steinmeier mit starken 75% Zufriedenheit beliebtester Politiker Deutschlands noch vor Merkel mit 67%. Sowieso steht die GroKo
mittlerweile ganz ordentlich da in der Bevölkerung.

Es bleibt festzustellen, dass trotz einer gestiegenen Wahlbeteiligung nicht mal mehr die Hälfte der deutschen Bürgerinnen und Bürger es für nötig gehalten hat, ihre Stimme abzugeben. In Slowenien und Polen waren es gar gut 80%! Da fragt man sich, ob einige überhaupt noch wissen, dass wir in einer Demokratie leben. Günther Nonnenmacher führt in seinem Kommentar auf der Onlineseite der FAZ aus: „Etwas „weniger Europa“, zum Preis einer stärkeren Differenzierung innerhalb der EU, könnte am Ende
sogar mehr Europa, jedenfalls ein besseres Europa bedeuten, ein Europa, das sich endlich auf seine Kernaufgaben beschränkt.“. Recht hat der Mann. Kein TTIP, wo die Standards in der Lebensmittelindustrie herabgesetzt werden, regionale Entscheidungen wieder mehr zulassen (vor Ort erfahren diese von den Bürgern mehr Akzeptanz), weg von der einseitigen Sparpolitik hin zu mehr Wachstumspolitik und eine Neuregelung im Umgang mit Flüchtlingen. Die Europäer haben zum Großteil
nicht Rechts gewählt, weil sie rechtsradikal sind, sondern weil die etablierten Parteien ihre Interessen nicht vertreten haben und eine herbe Enttäuschung waren. Europa hat Protest gewählt.

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Freitag, 2. Mai 2014
Zwei Charakterköpfe: Gauck und Schröder
Zwei Männer schafften es dieser Tage in die Schlagzeilen: Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) und Bundespräsident Joachim Gauck. Beginnen wir zunächst mit dem Altkanzler, durch Deutschland geht ein Aufschrei, er lag sich mit seinem Freund Putin in den Armen, anlässlich seines Empfanges zu seinem 70. Geburtstag in St. Petersburg. Was ist daran so schlimm? Der Mann hat sich längst aus der aktiven Politik zurückgezogen und ist als Privatmensch dort aufgetreten. Wie verschiedenen Medien zu entnehmen ist, wurde auch das Thema Ukraine-Konflikt inklusive der Geiseln angesprochen von Schröder. Sollte man dies nicht sogar als Chance sehen? Schröder ist doch einer der wenigen, wenn nicht der einzige derzeit, der möglicherweise noch auf diplomatischem Wege die ganze Situation versuchen kann zu lösen. Linkspartei und Teile der SPD sind daher auch eher positiv statt negativ auf die ganze Sachlage eingegangen. Die CSU spielt sich als Mutter Teresa auf, vergisst aber gleichzeitig das reihenweise Leute aus den eigenen Reihen bei oben genannten Empfängen anwesend waren. Unter anderem Philipp Mißfelder (CDU), der von Januar bis März diesen Jahres Koordinator der transatlantischen Beziehungen war, eher ein Anhänger Gerhard Schröders. Zugegebenermaßen mutet es schon merkwürdig an, wenn bei dieser Sachlage reihenweise russische Oligarchen und Putintreue Arm in Arm mit deutschen Politikern bei Empfängen feiern, während im Osten der Ukraine die Geiseln um Ihre Freilassung kämpfen. Das beispielsweise Schalke-Boss Clemens Tönnies mit gesamtem Anhang zu Gazprom und Putin reisen will, darüber regt sich dann wieder keiner auf. Die Unverhältnismäßigkeit der Medien und von Teilen der Öffentlichkeit ist erschreckend.

Der andere Mann, der diese Woche positiv auffiel war Bundespräsident Joachim Gauck. Bei seiner Türkeireise sprach er die Demokratiedefizite klar und deutlich an und kritisierte diese berechtigterweise scharf. Die erheblichen Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit und die Verbote von sozialen Netzwerken sind ein Skandal für ein Land, dass sich als Demokratie bezeichnet und langfristig gesehen in die Europäische Union aufgenommen werden will. Dies hat Gauck klar und deutlich in Ankara vor Studenten der als links-liberal geltenden Universität betont. Und wurde daraufhin als „Pastor“ von Präsident Erdogan bezeichnet und das er sich so auch immer noch verhalte. Zudem solle er sich nicht in die „inneren Angelegenheiten des Landes einmischen“. Lenz Jacobsen schrieb am 29. April in seinem Kommentar bei ZEIT Online: „Was für eine wuchtige, kompromisslose Rede. Gauck muss geahnt haben, dass sie nicht ohne deutliches Echo bleiben würde, aber er hat es in Kauf genommen. Er wollte nicht in Hinterzimmern mahnen und verhandeln, wie es beispielsweise Kanzlerin Merkel in China bevorzugt. Er wollte den großen Aufschlag, den Pathos. Die Eskalation nimmt er in Kauf.“ Ich rechne das Joachim Gauck sehr hoch an. Zu solch einem Rundumschlag wäre Kanzlerin Merkel nie in der Lage gewesen. Der Bundespräsident begründet seine ungewöhnlich scharfe Kritik damit: „Ich habe mir erlaubt, das zu tun, was ich immer tue. Nämlich die kritischen Themen, die in einer Gesellschaft diskutiert werden, aufzunehmen. Das ist normal unter Freunden.“ Eine wahre Wohltat solche Worte, man wünschte sich diese öfter zu hören aus den Mündern unser aktuell regierenden Politikern. Aber der Mut fehlt leider oftmals. Joachim Gauck hat dem Amt des Bundespräsidenten wieder die Würde zurückgegeben, die Vorgänger Christan Wulff dem Amt entzogen hatte.

Diese beiden Männer, Gerhard Schröder und Joachim Gauck, verbindet eine Charaktereigenschaft: Mut. Diese Eigenschaft fehlt einem Großteil der politischen Kaste in der heutigen Zeit leider. Hat Merkel wirklichen Mut zu Reformen? Ist Gabriel wirklich in der Lage die Energiewende komplett umzuwälzen und neu aufzustellen, sodass diese nicht zu lasten der Bürgerinnen und Bürger geht? Die Antwort kann sich jeder selbst zusammenreimen. Schröder hatte beispielsweise den Mut wichtige Reformen durchzusetzen mit der Agenda 2010 gegen die Gewerkschaften und gegen innerparteiliche Widerstände. Heute finden laut ZDF Politbarometer vom 11. April 48% die Agenda 2010 richtig, nur 34% falsch. Vor zehn Jahren fanden nur 30% die Agendapolitk richtig und 64% diese falsch. Beide oben genannte Persönlichkeiten finde ich gut mit Ihren Stärken und Schwächen. Ich finde gut, dass sie Deutschland in der Welt repräsentieren! Wir brauchen mehr solcher Charakterköpfe.

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Mittwoch, 16. April 2014
Quo Vadis Europa?
Am 25. Mai diesen Jahres stehen wieder mal Europawahlen an. Für einen Großteil unserer deutschen Bevölkerung ein rotes Tuch. Bei der letzten Wahl im Jahr 2009 lag die Beteiligung bei gerade einmal 43%. Historischer Tiefpunkt. Einer der Ursachen ist, dass keine politische Kraft die Käseglocke Brüssel in verständlicher Art und Weise dem Normalbürger erklären konnte. Europa und die EU stellen sich viele als Bürokratiemonster vor, gespickt mit dahinvegetierenden Abgeordneten, die sich für nichts die Taschen vollstopfen. An diesem Eindruck ist die EU maßgeblich selbst schuld. Der Krummheitsgrad der Bananen, die Form von Ölkännchen in Restaurants, was ein Schwachsinn! Eine spürbare Verbesserung der Lebensqualität wird sich für nahezu 100% der EU-Bürger nicht ergeben. Kommen wir aber nun zu dieser Europawahl. Es ist einiges anders als vor fünf Jahren. Bankenunion, Genmais, Griechenland, Lampedusa, der Schutz der Meere, Energiepolitik. Elementare Entscheidungen, die jeden Bürger betreffen. Viele wissen gar nicht, wie wichtig diese Wahl ist. 70% der Gesetze, die bei uns in Deutschland gemacht werden, basieren auf EU-Vorgaben. Jede Stimme zählt!

Es stellt sich doch die Frage: In welche Richtung soll Europa steuern? Wollen wir ein Europa und ein EU-Parlament gespickt mit links- und rechtsextremen Parteien, die populistischen Schwachsinn verbreiten, oder wollen wir gemäßigte demokratische Kräfte, die in Europa den Zusammenhalt stärken wollen? Fatalerweise wurde vom deutschen Verfassungsgericht die Drei-Prozent-Hürde gekippt und somit die Bedeutung des Parlaments in extremer Art und Weise geschwächt. Das heißt also es kann durchaus sein, dass NPD, BüSO, DKP und andere Splitterparteien Sitze im EU-Parlament erhalten. Das ist gefährlich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt unseres Kontinents. Parlamentarische Arbeit droht im Chaos zu versinken, wenn dutzende Splitterparteien, die sehr zerstritten sind, in dieses hohe Haus einziehen.

Die wichtigsten Probleme in Europa sind zweifelsohne die Schuldenkrise, der Flüchtlingsstrom und die Steuerpolitik. Wichtige Schritte für die kommende Legislatur wären eine Finanztransaktionssteuer, die Überprüfung von Dublin III (dem Flüchtlingsabkommen) und die Abkehr vom einseitigen Spardiktat für die Schuldenländer. Es muss eine Kombination aus Haushaltskonsolidierung und Wachstum geben. Vor allem muss die horrende Jugendarbeitslosigkeit bekämpft werden. Sie liegt in Spanien und Griechenland bei über 50%! Die soziale Spaltung Europas darf nicht voran getrieben werden. Willy Brandt sagte einmal: „Wir wollen ein Volk guter Nachbarn sein.“. Wie recht er doch hat. Gerade die AfD folgt nicht dieser Aussage und macht mit billigen, nationalistischen Parolen Stimmung gegen unser friedliches Europa. Wir dürfen uns von Griechen nicht mit Nazi-Symbolen darstellen lassen, aber wir müssen auch die Hand reichen um Solidarität zu zeigen und gemeinsam den Weg der Konsolidierung gehen. Wo bleiben die Vorteile von Europa? Die Freizügigkeit, die einheitliche Währung oder das friedvolle Miteinander?

Ich werde selbstverständlich wählen gehen bei der Europawahl und das erwarte ich von demokratischen, intelligenten und aufgeklärten Menschen in unserem Land auch!
Wer nicht wählen geht, darf hinterher auch nicht meckern. Uns schützt eine Demokratie, die die Menschen in Syrien, Libyen, Aserbaidschan, Saudi-Arabien oder im Kongo gerne hätten. Dazu gehören auch freie Wahlen. Das sollten wir alle zu schätzen wissen.

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Mittwoch, 2. April 2014
100 Tage „GroKo“: Eine Bilanz.
Da haben wir nun unseren Wählerwillen. Mehrheitlich wollten wir die Große Koalition mit einer CDU-Kanzlerin Merkel. Und um das vorweg zu nehmen, der Start war in jedem Fall besser als bei der Schwarz-Gelben Vorgängerregierung. Von „Gurkentruppe“ und „Wildsau“ ist noch keine Rede, wie einst bei CSU und FDP. Jedoch gab es eine erste Vertrauenskrise durch die Edathy-Affäre. Ein tölpelhafter Minister Friedrich (CSU) und ein aalglatter Fraktionsvorsitzender Thomas Oppermann (SPD), der sich keines Fehlverhaltens bewusst war, ebenso wenig wie Wirtschaftsminister Gabriel. Die Affäre hat der SPD mehr geschadet als der Union. Bemerkenswert ebenfalls, dass der ehemalige Landwirtschaftsminister Friedrich nach seinem Rücktritt beliebter war, als davor. Das spricht Bände über das Charisma und die Regierungsarbeit, die er geleistet hat. Abgesehen von der Edathy-Affäre gibt es dann noch die Diäten-Erhöhung, die mit breiter Mehrheit von der GroKo durchgesetzt wurde, die in keinerlei Verhältnis zur durchschnittlichen Lohnerhöhung im normalen Volk steht. Man stelle sich nur mal vor, jeder Arbeitnehmer/in könnte seinen Lohn selbstbestimmen, tolle Sache!

Soviel zu den massiven Fehltritten der GroKo. Einige gute Anliegen wurden allerdings auch „durchgepeitscht“. Beispielsweise der Mindestlohn, eine Herzensangelegenheit der SPD. Da muss man auch Arbeitsministerin Nahles Respekt zollen, es gibt kaum Ausnahmen, vier Millionen Menschen werden von dem Mindestlohn profitieren. Durch höhere Löhne steigt auch die Kaufkraft, sodass logischerweise auch die Wirtschaft angekurbelt wird. Der Mindestlohn ist sozial gerecht und ökonomisch sinnvoll. Die Union winkte das durch, was aber auch durchaus zu Widerstand bei einigen Abgeordneten geführt hat. Dann ist da noch das andere große Projekt von Frau Nahles. Die Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren. Der Haken an der Geschichte: Die ganze Sache wird der Rentenkasse entnommen und nicht steuerfinanziert abgehandelt. Genau das aber hat die werte Frau Nahles im Bundestagswahlkampf noch kritisiert. Man erinnere sich nur an Ihre Rede aus dem Spätsommer 2013, wo Sie die Vermutung äußerte, dass in die Rentenkassen gegriffen wird. Merkwürdig. Nichts desto trotz zwei gute und wichtige Projekte, die ebenfalls laut „ZDF-Politbarometer“ vom 28. März von gut 80 % der Bevölkerung befürwortet werden.

Was fällt noch auf? Die SPD gibt den Ton an in der Großen Koalition. Rente mit 63, Mindestlohn, Mietpreisbremse, alles SPD-Themen. Es ist zu befürchten, dass die SPD ihr Pulver am Anfang verschießt und die Union nach vier Jahren als lachender Sieger aus dieser Koalition hervorgeht. Frau Merkel verödet das Land mit Ihrer unglaublich einfallslosen und schwachen Rhetorik, weiß aber als Führungspersönlichkeit auf europäischer Ebene zu überzeugen. In der Krim-Krise leistet Sie mit Außenminister Steinmeier gute, diplomatische Arbeit. Auf der anderen Seite hat Sie den Genmais durchgewunken, die Auto-Lobby hofiert und Uli Hoeneß für die Annahme eines deutschen Gerichtsurteils „Respekt gezollt“. Was soll man davon halten. Eine Reformkanzlerin wird Sie in diesem Leben nicht mehr werden, Sie hat nicht den Mut von Schröder, Schmidt oder Kohl. Ihr Motto lautet: „Mutti macht das schon.“ Sie unterfordert das deutsche Volk, es wird dem Volk zu wenig zugetraut. Warum werden nicht endlich mal Volksentscheide auf Bundesebene eingeführt? Wo ist da Frau Merkel?

Die Ministerriege der GroKo ist durchwachsen. Stärkste Persönlichkeit sicherlich Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Er gibt der deutschen Außenpolitik wieder Kontur. Er baut wieder Vertrauen auf, wo Westerwelle (FDP) welches verspielt hatte. Steinmeier ist ein Profi, er versteht es sich und Deutschland im Ausland zu verkaufen. Dann haben wir noch Finanzminister Schäuble (CDU). Handwerklich solide, weißt er zum Ersten Mal seit 1969 eine schwarze Null im nächsten Haushalt vor. Durchaus anzuerkennen, aber es wird auch gerne immer mit dem Wörtchen „Finanzierungsvorbehalt“ hantiert. Sein Hitlervergleich mit Putin war trotzdem deutlich unter seinem Niveau. Ansonsten fällt noch Heiko Maas (SPD) als Justizminister mit Arbeitseifer und guten Vorstößen wie der Mietpreisbremse und einem Anti-Doping-Gesetz auf. Die kommunikativen Anfängerfehler hat er abgelegt und dazugelernt. Ein smarter Herr in der Käseglocke Berlin. Die CSU ist kaum zu bemerken, einzig Verkehrsminister Dobrindt (CSU) möchte den Breitbandausbau beschleunigen und die LKW-Maut ausweiten. Sein großes Mundwerk scheint er in der bajuwarischen Heimat gelassen zu haben. Sigmar Gabriel (SPD) möchte die erneuerbaren Energien bremsen und auch die Industrie entlasten. Man kann nur hoffen, dass die Minister der Länder, wie beispielsweise Torsten Albig (SPD) und Winfried Kretschmann (B90/Grüne), hart bleiben und Korrekturen einfordern. Wir dürfen nicht zu sehr auf die klimaschädliche Kohle und schon gar nicht auf Atomkraft setzen. Wind, Wasser und Sonne werden die elementaren Grundelemente der zukünftigen Klimapolitik sein. Frau von der Leyen (CDU) als Verteidigungsministerin muss noch dazu lernen, liegt aber zum Beispiel richtig darin, die Bundeswehr transparenter zu machen. Größte Enttäuschungen bisher: Bildungsministerin Wanka (CDU) und Familienministerin Schwesig (SPD). Kaum effektvolle Initiativen zur Verbesserung in den Bereichen. Frau Wanka (CDU) scheint noch im Winterschlaf zu sein, Frau Schwesig (SPD) wirkt noch etwas verloren im großen Berlin.

Aber es waren nur die ersten 100 Tage GroKo. Die Regierung ist für vier Jahre gewählt.
Als erstes Fazit würde ich der Koalition eine schwache drei geben. Es ist noch viel zu tun, wichtigstes Projekt wird die Energiewende sein, zudem muss eine gründliche Pflegereform her. Es bleibt zu hoffen, dass sich beide Parteien darauf besinnen und auch die sehr kleine Opposition aus Linken und Grünen angemessen zu Wort kommen lassen.

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Donnerstag, 20. März 2014
Ein Schritt in die richtige Richtung: Der Mindestlohn
Nun ist er also beschlossen: Der gesetzliche, flächendeckende Mindestlohn von 8,50 € in Deutschland. Andrea Nahles (SPD) tritt sichtlich stolz vor die Kameras und verkündet die frohe Botschaft. Durchaus mit Recht, es gibt nur wenige Ausnahmen: Jugendliche unter 18, Praktikanten, Ehrenamtliche und für Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten soll der Mindestlohn nicht gelten. Zähneknirschend nickte die Union den Gesetzesentwurf ab. Zur Freude von Gewerkschaften und SPD. Ab dem 1. Januar 2015 soll der Mindestlohn greifen. Bauernverbände und Arbeitgeber schreien laut auf, was zu erwarten war. Gemüse werde teurer heißt es, es würde eine Preisexplosion geben. Sicherlich die Preise könnten durchaus steigen, aber ist es uns das nicht wert für eine anständig bezahlte und menschenwürdige Arbeit? Es wird das hohe Lied der Arbeitsplatzvernichtung gesungen, wofür es keine handfeste Studie gibt. Die Union fordert Ausnahme um Ausnahme, unter Anderem sollen die 8,50 € pro Stunde erst ab 25 gelten. Meiner Meinung nach völlig daneben, dann würde die Gesellschaft immer mehr in zwei Klassen unterteilt, ein 22-Jähriger bekommt 4 € die Stunde, aber ein 26-Jähriger für die gleiche Arbeit 8,50 €? Wo kommen wir da denn hin, absurd. „Wenn überhaupt, dann kann es von allen akzeptierte Ausnahmen vom Mindestlohn geben – etwa bei Azubis oder ehrenamtlichen Tätigkeiten. Aber altersabhängige Ausnahmen bis 18 oder 25 Jahre sind absurd: Da könnte man ihn ja auch von der Schuhgröße bestimmen lassen”, sagt IG Bergbau Chemie Energie Chef, Michael Vassiliadis der „Rheinischen Post“. Der Mann hat Recht.

Wir haben Unmengen an Reichtum in Deutschland. Da sollten uns die einfachen Arbeitnehmer doch was wert sein, oder nicht? Sie sorgen doch dafür, dass unsere Wirtschaft läuft, sie sind es die Tag und Nacht ackern, Schichtdienste schieben, nebenbei noch die Kinder erziehen und dann versuchen die nächste Strom- und Wasserrechnung zu bezahlen. Diese Menschen haben verdammt nochmal eine anständig bezahlte und würdige Arbeit verdient. Denn gut ist nicht „was Arbeit schafft“, wie es die neoliberale und lobbyistentreue FDP in der Vergangenheit formulierte, gut ist „was gute Arbeit schafft“, anständig entlohnt, humane Arbeitszeiten und faire Arbeitsbedingungen. Vier Millionen Menschen sind betroffen von dem Mindestlohn. Das kann bedeuten eine Verbesserung der Lebensqualität für vier Millionen Menschen. Bevor man gleich pausenlos Kritik übt, sollte man doch erstmal abwarten, was für eine Entwicklung diese Entscheidung nimmt. Vorverurteilungen sind völlig Fehl am Platz. Thomas Öchsner von der „Süddeutschen Zeitung“ beschreibt treffend in seinem Kommentar: „Außerdem kann jeder Wirtschaftszweig, in dem häufig Niedriglöhne gezahlt werden, noch einen Tarifvertrag abschließen. Für solche Branchen gilt dann eine Übergangszeit, in der bis 2016 Tarifverträge Vorrang vor den 8,50 Euro haben. Deshalb könnte es bald sogar bundesweite Tarifverträge für Taxifahrer oder in der Landwirtschaft geben - der Mindestlohn wirkt also bereits.“

Während Banker wieder Boni in Millionenhöhe für absolute Fehlleistungen und ekelhafte Gier, siehe Anshu Jain und Jürgen Fitschen von der „Deutschen Bank“, kassieren, müssen Millionen Menschen nach der normalen Arbeit noch zum Amt aufstocken, was den Steuerzahler 11-12 Mrd. € jährlich kostet. Da ist doch was aus dem Lot geraten! Die Bezüge aller Vorstandmitglieder der „Deutschen Bank“ stiegen von vorher 26,3 Millionen Euro auf nun 38,5 Millionen Euro. Ein Kommentar hierzu erübrigt sich.

Der Mindestlohn ist ein Schritt in die richtige Richtung, der Mindestlohn ist ökonomisch sinnvoll, weil er die Steuerzahler entlastet und sozial gerecht, weil er vier Millionen Menschen eine neue Lebensqualität und würdigere Arbeit ermöglicht. Bravo, Frau Nahles!

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Samstag, 15. März 2014
Hoeneß: Machtmensch. Vorbild. Steuerhinterzieher.
Uli Hoeneß, was fiel einem dazu immer zuerst ein: Er hat den FC Bayern München zu dem gemacht was er ist, unzählige Titel, spektakuläre Transfers, den FC Bayern zu einem globalen Unternehmen umgewandelt. Hoeneß, geboren am 05. Januar 1952 in Ulm, fing das Fußball spielen mit seinem jüngeren Bruder Dieter beim VfB Ulm an. Er stammt aus einem katholischen Haushalt, wohlbehütet aufgewachsen, der Vater Metzger. Von 1970 bis 1979 spielte er selber Fußball auf Profiebene. Im Jahre 1970 von Udo Lattek zu den Bayern geholt. Nach einem kurzen Ausleih-Intermezzo seitens der Bayern zum 1. FC Nürnberg, beendete er mit 27 Jahren seine Profikarriere, aufgrund eines irreparablen Knorpelschadens. Nunmehr seit dem 01. Mai 1979 war Hoeneß im Management des FC Bayern tätig, seit also fast 35 Jahren! Dafür muss man Respekt zollen, dass ist seine Lebensleistung. Er hat dem FC Bayern zu annähernd zwanzig Meistertiteln verholfen, holte mehrmals den DFB-Pokal, zweimal die Champions League, einmal den Weltpokal, Supercups und Ligapokale. Eine atemberaubende Erfolgsgeschichte. Zudem zeigte er oft sein soziales Engagement, half dem finanziell schwer angeschlagenem FC St. Pauli mit einem Benefizspiel, baute einen unglaublichen Sponsorenring um den FC Bayern auf und trug so maßgeblich dazu bei, dass der Club heutzutage der reichste der Welt ist. Dazu die Allianz Arena fast komplett abbezahlt durch die riesigen Fernsehgeld- und Sponsoringeinnahmen. Wahnsinn! Das ist die gute Seite des Ulrich Hoeneß. Davor muss man sich verneigen, den Hut ziehen und Ihm seine Verdienste für den deutschen Fußball hoch anrechnen.

Doch leider gibt es auch das dunkle Kapitel des Machtmenschen Hoeneß. Jahrelang hinterzog er Steuern, betrieb bei der Vontobel Bank in der Schweiz ein Konto für seine illegalen Zockereien an der Börse, unter anderem mit Devisen und Rohstoffen. Alfred Draxler, Chefredakteur der Sport Bild, beschrieb am Donnerstag bei der Talkshow „Markus Lanz“ seinen Eindruck von der ganzen Situation: „An einigen Tagen verzockte Hoeneß 18 Millionen Euro.“, so Draxler bei Lanz. Was für unvorstellbare Summen. Insgesamt soll Hoeneß 28,5 Millionen hinterzogen haben. Astronomische Summen für einen normalen Arbeitnehmer in Deutschland. Der Manager des FC Bayern besaß einen „Pager“, ein Gerät auf dem sich minütlich verschiedenste Transaktionen durchführen und überprüfen lassen. Hoeneß sagte selbst in einem „Zeit“-Interview vom 02. Mai 2013: „In den Jahren 2002 bis 2006 habe ich richtig gezockt, ich habe teilweise Tag und Nacht gehandelt, das waren Summen, die für mich heute auch schwer zu begreifen sind, diese Beträge waren schon teilweise extrem. Das war der Kick, das pure Adrenalin.“
Ist das noch normal, oder waren das schon Anzeichen von Spielsucht?

Fakt ist nun, dass diese Person ein verurteilter Steuerstraftäter ist. Dreieinhalb Jahre Haft ohne Bewährung, wie ich finde eine angemessene Strafe. Hoeneß hat die Allgemeinheit um Millionen betrogen, er hat das Deutsche Volk und die Öffentlichkeit beschissen. Die Richter haben nach Recht und Gesetz geurteilt und sogar noch Milde walten lassen, es hätten auch gut und gerne fünf Jahre sein können. Man hat Hoeneß zum Teil seine Geständigkeit und sein Lebenswerk angerechnet, die Selbstanzeige aber richtigerweise für unwirksam erklärt. Ursprünglich als moralische Instanz im Scheinwerferlicht, nun als Krimineller im Abseits. Ein tiefer Fall. Dieser ist aber unvermeidbar. Hoeneß hat sich das alles selbst zuzuschreiben, er muss für seinen Fehler „bezahlen“. Und wenn Merkel und Seehofer sich jetzt öffentlich hinstellen und Ihren Respekt bekunden, dafür dass Hoeneß das Urteil annimmt, da fehlen einem die Worte. Martin Heidemanns schreibt dazu heute treffend in der „Bild“: „Die Kanzlerin zollt einem Kriminellen „hohen Respekt“, weil er das Urteil eines deutschen Gerichts angenommen hat? Nötigt es der Bundeskanzlerin demnächst auch „hohen Respekt“ ab, wenn ein Räuber oder ein U-Bahn-Schläger in den Knast einwandert?“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Abschließend lässt sich feststellen, dass Hoeneß massiv an Ansehen durch seine exzessiven Spekulationsgeschäfte und Steuerhinterziehungen verloren hat. Wie jeder andere Ottonormalbürger muss er nun seine Strafe absitzen, um dann ein neues Leben zu beginnen. Seine Ämter hat er nun endlich niedergelegt. Dies hätte aber längst der Aufsichtsrat der Bayern machen müssen, wo unter anderem Audi, Allianz, Adidas und die Deutsche Telekom vertreten sind. Hätte man sich auch nur annähernd an die „Compliance-Regeln“ dieser Unternehmen gehalten, wäre Hoeneß schon vor Monaten von seinen Ämtern entbunden wurden. Unglücklicherweise wurde hier mit zweierlei Maß gemessen. Man fragt sich, wie es einem Mitarbeiter der Allianz oder von Audi ergangen wäre, bei derartigem Fehlverhalten und derartigen kriminellen Handlungen? Dringend sind Reformen bei der Steuerpolitik gefragt, Schäuble muss hier liefern und zwar so, dass nicht der ehrliche Steuerzahler der Dumme ist, sondern der kriminelle Steuerhinterzieher, Stichwort Selbstanzeige und das (zum Glück gescheiterte) Schweizer Steuerabkommen.

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Dienstag, 4. März 2014
Brennpunkt Ukraine
Aufbruch in der Ukraine. In den Jahren 2013/2014 erhebt sich ein Großteil der ukrainischen Bevölkerung gegen ein korruptes, menschenrechtsverletzendes und selbstherrliches Regime. Man kann nur mit größtem Respekt auf diese Menschen blicken, die aus tiefster innerer Überzeugung diesen Weg gegangen sind, um ein menschenwürdiges und freies Leben zu haben. Medien werden kontrolliert in der Ukraine, es ist praktisch unmöglich sich der Korruption zu entziehen. Diese zieht sich über alle Ebenen der Gesellschaft. Im Osten leben viele russisch-stämmige Menschen, denen russisches Propaganda-Fernsehen gezeigt wird, wo die Behauptung kursiert, Faschisten hätten im Land die Macht übernommen. Beeindruckend diese Woche fand ich dazu die Auftritte der Piratenparteipolitikerin Marina Weisband. Selbst ukrainisch-stämmig, berichtete Sie in fesselnder Art und Weise zunächst bei Steffen Hallaschka bei „Stern TV“ am Mittwoch über die Situation in der Ukraine und dann auch am Sonntag in der Talkshow „Günther Jauch“ in der ARD. Dabei gab Sie folgenden Satz bei „Günther Jauch“ zum Besten: „Ich kenne aktuell keinen Politiker, dem ich absolut Vertrauen kann in der Ukraine und der das Land wieder aus der Krise führen kann.“ Das spiegelt die vertrackte Lage des Landes wieder.

Mit absoluter Unverfrorenheit kommt die Einmischung Russlands und Putins hinzu, die die strategisch wichtige Halbinsel Krim an der Schwarzmeerküste des Landes besetzt haben. Dies zeigt einmal mehr, dass Putin sich von keinem einzigen westlichen Staat in ehemalige Sowjetrepubliken hineinreden lässt und bezeichnet den ganzen Vorgang als „Staatsstreich von Kiew“. Viktor Janukowitsch sei der „legitime Präsident“ des Landes, heißt es auf tagesschau.de. Die hohe Kunst der Diplomatie ist nun ganz entscheidend. Die Bild-Zeitung titelte gestern „Gibt es jetzt Krieg in Europa?“. Das wäre das Worst-Case-Szenario. Man muss sich nun allerdings im Nachhinein auch die Frage stellen: Haben Steinmeier und Merkel richtig gehandelt bei Ihren Vermittlungsversuchen? Spiegel-Kolumnist Jacob Augstein schreibt dazu: „Spaltung oder Krieg - die Ukrainer werden einen hohen Preis dafür zahlen, dass sie den Verlockungen des Westens erlegen sind. Auch Deutschland trägt dafür Verantwortung.“ Dieser Meinung kann ich mich nicht vollständig anschließen. Ich denke aber, dass der Westen inklusive der USA, die ganze Lage unterschätzt hat. Obama sprach wieder von Grenzen, seit dem Desaster von Syrien allerdings, wo keinerlei Konsequenzen aus seiner Ankündigung des „Überschreitens einer roten Linie“ erfolgt sind, hat die USA auf dem Gebiet ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit verloren. Einen guten Vorschlag hat hier Kanzlerin Merkel zusammen mit Außenminister Steinmeier gemacht, es soll eine „Kontaktgruppe“ zur Vermittlung gebildet werden. Auch wenn es dem ein oder anderen nicht schmecken wird, als Vermittler ist Alt-Kanzler Gerhard Schröder sehr geeignet. Er hat eine Vertrauensbasis zu Putin und kann vielleicht mehr an Ihn heran kommen, als aktuelle Regierungsmitglieder. Diese Idee stammt in erster Linie vom Vorsitzenden der Linkspartei, Gregor Gysi und ich finde er hat Recht.

Die Europäische Gemeinschaft und die NATO müssen jetzt Geschlossenheit zeigen und dem Land aus der schweren politischen Krise helfen. Die Ukraine wäre im Falle eines Krieges Russland hoffnungslos unterlegen. Es kommt hinzu, dass immer noch die „Budapester Verträge“ von 1994 bestand haben. Darin ist unter Anderem die Wahrung der territorialen Integrität der Ukraine festgelegt. Zudem besteht eine massive Abhängigkeit der Ukraine im Bereich der Energie zu Russland. Für mich gibt es aktuell einen Lösungsansatz, den Daniel Brössler von der Süddeutschen Zeitung sehr gut auf den Punkt gebracht hat: „Sollte Putin nicht zur Besinnung kommen, muss die Europäische Union den Mut aufbringen, ihn und vor allem die mit ihm verbündeten Oligarchen wirtschaftlich unter Druck zu setzen.“ Wir müssen als überzeugte Europäer nun zusammenhalten.

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Montag, 17. Februar 2014
Förderung von Politikverdrossenheit
Ex-Innenminister Friedrich tritt zurück. Die CSU schäumt vor Wut auf die SPD. Gegen den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy (SPD) wird ermittelt, wegen des Verdachts auf illegalen Besitz kinderpornografischer Materialien. Der Bundestag beschließt mal wieder Diäten-Erhöhungen, die in den kommenden Jahren automatisch steigen werden.

Was soll man von all dem noch halten? Selbst ich als leidenschaftlicher Politik-Fan und SPD-Anhänger bin restlos enttäuscht. Die Damen und Herren im Bundestag müssen sich doch nicht wundern, wenn kaum mehr jemand noch wählen geht oder gar in eine Partei eintritt!
Heute berichtet die „Bild“, dass vier Minister in Berlin mietfrei neben dem Büro übernachten: Frau von der Leyen (CDU), Frau Nahles (SPD), Frau Schwesig (SPD) und Herr Maas (SPD) machen es sich gemütlich zum Nulltarif. Klar, man kann sagen das sind aufgebauschte Nebenthemen, aber es hat doch ein „Geschmäckle“, wie der Schwabe zu sagen pflegt.

Wie soll man solche Sachverhalte der in Sachen Mietpreisen völlig frustrierten und wütenden Berliner Bevölkerung klar machen? Momentan ist die Politik einfach nur realitätsfern. Wie drückte es NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft kürzlich im „Stern“ so schön aus: „Über Berlin schwebt eine riesige Käseglocke.“ Es ist ein Trauerspiel.

Wo sind die ehrlichen, authentischen und volksnahen Politiker geblieben? Ich will nicht in Melancholie versinken, aber man sehnt sich doch nach Größen wie Helmut Schmidt, Rita Süssmuth, Norbert Blüm, Franz Müntefering, Joschka Fischer oder Hans-Dietrich Genscher. Und heute: Tja, wir haben Sigmar Gabriel, Andrea Nahles, Thomas de Maiziere, Angela Merkel oder Alexander Dobrindt. Aber sind das Köpfe die Menschen begeistern, die Massen dazu bringen können wieder wählen zu gehen? Suggestivfrage.

Und dann sind da ja noch die Diäten. Ach wie schön, es gibt wieder eine Erhöhung. Sicherlich es ist ein knüppelharter Job, Bundestagsabgeordneter zu sein. 70 bis 100-Stunden Wochen, hunderte Termine im Wahlkreis, Interviewanfragen, TV-Auftritte, bloß nichts Falsches sagen, über jedes Thema genauestens Bescheid wissen. Darüber machen sich viele Menschen überhaupt keine Gedanken. Im Übrigen ist es im Verhältnis zu Managergehältern oder Sportgehältern, beispielsweise im Profifußball, ein Witz was Bundestagsabgeordnete verdienen. Es geht auch nicht um die Erhöhungen an sich. Es geht im Kern um die Pensionen. Treffend beschrieben in einem Kommentar von Nikolaus Blome bei Spiegel Online am 12.02.: „Im Bundestag werden nach der Neuregelung schon zwei mal vier Jahre ausreichen für einen Pensionsanspruch, der mehrere hundert Euro über der Rentenerwartung eines Durchschnittsverdieners liegt - wenn der 45 Jahre lang brav seinen Beitrag eingezahlt hat.“
Erstaunlich, dass es da Unruhe in der Bevölkerung gibt was?

Politik hat zur Aufgabe, den Menschen im Land Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches und würdiges Leben zu schaffen. Wenn die GroKo erfolgreich sein will, setzt sie schnellstens den Mindestlohn ohne Ausnahmen um, treibt die Energiewende voran ohne auf Kohlekraftwerke zu setzen und den Ausbau erneuerbarer Energien zu verlangsamen und setzt sich für mehr Transparenz durch Volksentscheide ein. Dies sind Dinge, die Menschen zufrieden stellen können und wieder mehr Akzeptanz gegenüber der Politik herstellen. Wenn es so weiter geht wie bisher, ist dies keine Politik sondern Klamauk und Küchenkabinett. Und genau das fördert die Politikverdrossenheit.

Leipzig, den 17.02.2014

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